Rückschau: HC Mein Home-Computer
03.08.2008 · 2 Kommentare
Oben: Die HC bot viele Berichte, Listings und Tipps für Heimcomputerbesitzer. (Bild: André Eymann)
„Aller Anfang ist schwer“. So könnte der Leitsatz des
Magazins HC Mein Home-Computer gelautet haben, das erstmals
im November 1983 auf dem deutschen Markt erschien. Denn das selbsterklärte
Ziel der HC war es, Einsteigern in die Heimcomputerwelt durch Aufklärung die Angst
vor dem neuen Mitbewohner zu nehmen. Viele Bundesbürger kauften sich
zu dieser Zeit einen Heimcomputer. Es war also genau der richtige Zeitpunkt,
der digitalen Revolution Zuhause mit Rat und Tat zur Seite zu stehen.
Die neue Technik setzte Know How und Wissen voraus. Und die HC hatte es
sich zur Aufgabe gemacht, genau dieses Wissen zu vermitteln.
Die Menschen hinter der HC waren keine Neulinge. Sie hatten bereits solide
Marktkenntnisse gesammelt. Denn die HC war ein Ableger ihrer Schwesterzeitschrift CHIP.
Eine der ältesten Computerzeitschriften des Landes. Die
CHIP wurde 1978 eingeführt und erscheint bis heute in ca. 17 Ländern.
Ein erfahrenes Team
Zum Erscheinungszeitpunkt der HC waren eigene Magazine für den Heimcomputermarkt noch nicht fest
etabliert. Und so gründete sich das Heft fast zur gleichen Zeit, wie
der Wettbewerber Happy Computer aus
dem Markt & Technik Verlag, in einem
relativ neuen Geschäftsfeld. Die HC debütierte 1983 im Vogel-Verlag Würzburg
unter der Redaktionsdirektion von Richard Kerler. Verantwortlich für den
Inhalt war Wolfgang Taschner. Der offizielle Verkaufspreis des monatlich
erscheinenden Magazins lag bei 5 DM.
Verschiedene Ausgaben von 1983 und 1984. (Bild: André Eymann)
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Was die HC optisch vom restlichen Markt abhob, waren die kunstvoll
gestalteten Titelillustrationen der Münchener Künstlerin
Barbara Buchwald. Die Deckblätter des Magazins waren bunt und verspielt
aber immer auch technikbezogen. Mit kräftigen
Farben schuf Barbara Buchwald einen Stil, der typisch für das Heft
werden sollte.
Vom „Fieber mit den kleinen Geräten“
- Titelseite der Erstausgabe im November 1983. (Bild: Vogel-Verlag)
Der Inhalt des Magazins war gut strukturiert und hatte ein eher sachliches Layout.
Berichte über Spiele waren, zumindest in den ersten Heftausgaben,
anderen Themen untergeordnet. Die klare Struktur prägte sich in den späteren
Ausgaben immer deutlicher aus. Ähnlich wie bei der CHIP war die Heftstruktur
nicht verspielt, sondern an der Information ausgerichtet. Das deckte sich auch dem Ziel des Magazins, Computertechnik
einfach zu erklären und beim „Fieber mit den kleinen Geräten“
weiterzuhelfen.
Ähnlich wie die Mitbewerber sprach auch die HC alle verfügbaren Systeme
am Markt an. So gab es Informationen zu fast allen wichtigen Computern von Atari,
Commodore, Laser, Sharp, Sinclair, Spectravideo, Tandy, Texas Instruments oder auch Apple.
Neben obligatorischen Rubriken wie „Für Sie entdeckt“, in der
News vom Markt präsentiert wurden, gab es auch von Anfang an einen
großen Praxisteil. In der Ausgabe 11/1983 wurde zum Beispiel eine
Schaltung abgedruckt, mit deren Hilfe man den beliebten Heimcomputer ZX81 von Sinclair
für nur 20 DM auf 16K Hauptspeicher erweitern konnte. In einer Zeit,
in der viele Jugendliche noch mit Lötkolben und Platinen vertraut waren,
gab es sicher nicht wenige, die diese Schaltung auch umgesetzt haben. Ganz
nebenbei erlernte man auf diesem Wege viele technische Zusammenhänge und Begrifflichkeiten
aus dem Computertechnik.
Reports und Hintergründe zu Homecomputern
Unter der Überschrift „Computer vom Fließband“ konnte man in der
Ausgabe 2/1984 einen Bericht über die Geburtsstätte des VC 20
und C64 lesen. So erfuhr man, dass 1984 täglich (!) ca.
5.000 Computer im Commodore-Werk in Braunschweig hergestellt wurden. Und so kam
es, dass auf dem Rücken der Commodore-Heimcomputer „Made in
West-Germany“ geschrieben stand. Ein Produktionserfolg für Heimcomputer,
der später nicht mehr überboten werden konnte.
In den Leserbriefen der älteren Ausgaben gab es immer
wieder Kritik daran, dass im Schwerpunkt zu oft über die Sinclair
Heimcomputer berichtet wurde. Der Sinclair ZX Spectrum war Anfang der Achtziger
in der Tat sehr erfolgreich. Er rangierte zeitweilig in der Top 5 mit dem
Commodore 64 oder dem VC 20. Der ZX81 konnte zu diesem Zeitpunkt in den
Verkaufscharts nicht mehr mithalten.
Bericht: ZX Spectrum ohne Geheimnisse. (Bild: André Eymann)
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In einigen Berichten aus den früheren Ausgaben wie zum Beispiel
„So funktioniert ein Home-Roboter“ aus der Ausgabe 12/1983
wird man stilistisch an das P.M. Magazin erinnert. Das P.M. ist eine breit gefächerte
populärwissenschaftliche Zeitschrift, die ebenfalls 1978 gegründet wurde.
Grundsätzlich aber sind die Artikel in der HC gut recherchiert und
bieten inhaltlich viel Abwechslung. Neben den klassischen Heimcomputer-Themen
und Kaufberatungen gibt es Reportagen über Musik und Grafik am Computer,
die Hackerszene oder die ersten Online-Netzwerke.
Die Spiele-Diskothek
- Die Spiele-Diskothek in der HC Mein Home-Computer. (Bild: Vogel-Verlag)
Obwohl es auch schon in früheren Ausgaben Berichte über Computerspiele gab,
wurde im Januar 1984 die Spiele-Diskothek als eigene Heftrubrik
eingeführt. Sicher war dies auch eine Reaktion auf die Nachfrage der
Leserschaft. Von nun ab gab es Weltmeistertips, Neuvorstellungen oder
Hintergrundinformationen zur Spieleszene. Strategietips zu Pac-Man und Co.
kamen unter anderen von der Autorin Christa-Maria Sopart,
die auch bereits eigene Bücher über Computer-Spiele veröffentlicht
hatte. Teilweise erstreckte sich die Spiele-Diskothek über mehrere
Seiten, so dass Tests über River Raid, Shamus, Kaboom
oder Parsec ausreichend Platz fanden. Interessant: Unter der Regie der HC/CHIP wurde das Spiel Microsoft
Flugsimulator zum Spiel des Jahres 1984 gewählt. Die Wahl hatten
Fachmagazine aus mehreren Ländern getroffen. Dazu gehörten: Personal Computing (USA),
Practical Computing (England) und Micro 7 (Frankreich).
Grund für die Wahl zum Spiel des Jahres, war die gelungene naturgetreue
Simulation einer Sportmaschine mit dem Heimcomputer. Immer öfters fanden
sich nun Spieleberichte auch an anderer Stelle im Magazin.
Liebevolle Inserate
Ein wirklich schönes und kurioses Inserat für das Programm
Galactic Defence konnte man in der HC Börse vom März
1984 finden. Die Entwickler von Mediasoft aus Wilhelmshaven hatten einen selbst gezeichneten
Screenshot beigefügt und etwaige Ungenauigkeiten in der Anzeige
handschriftlich korrigiert. Für nur 29,50 DM konnte man die 11 Kilobyte
auf einer Compact Cassette kaufen. Wo hat man in der Softwarebranche zuletzt so viel Liebe zum Detail gesehen?
Anzeige für Galactic Defence von Mediasoft. (Bild: Vogel-Verlag)
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Auch ungewohnt, wenn auch lange nicht so selten, waren die Anzeigen
des bekannten Microcomputerhändlers Vobis. Alle Produkte wurden
in Form einer Speisekarte angeboten. Wer also als Vorspeise gern einen
Sinclair Drucker, als Hauptgericht einen ZX Spectrum und als Dessert 2000 Blatt
Druckerpapier bestellen mochte, war bei Vobis genau richtig. Und das
10-mal in Deutschland. Alle Preise inkl. MwSt und Bedienung. Vobis wurde
1975 gegründet und später in die Metro-Group eingegliedert. Vobis
wurde hierzulande durch den Verkauf seiner Eigenmarke Highscreen bekannt.
Weitere Publikationen der HC
Im HC-Buchladen konnte man weitere Bücher und Magazine aus dem Vogel-Verlag
einkaufen. Am populärsten waren sicher die Programmsammlungen der CHIP.
Für 18 DM erhielt man die gut sortierte Sammlung von Programmen für
den Lieblings-Heimcomputer. Viele der enthaltenen Listings, stammten aus
HC-Magazinen.
Hier ein paar Beispiele:
- Commodore 64 Programme, Ausgabe 3 (Best. Nr. 919)
- Commodore VC 20 Programme (Best. Nr. 754)
- Atari 600 XL / 800 XL Programme, Ausgabe 1 (Best. Nr. 920)
- Sinclair ZX81 Programme, Ausgabe 2 (Best. Nr. 921)
- Sinclair ZX Spectrum Programme, Ausgabe 2 (Best. Nr. 922)
- Texas Instruments TI 99/4a Programme (Best. Nr. 906)
Außerdem sind unter dem Markennamen HC verschiedene
Bücher erschienen. Hier ein Auszug aus dem Programm:
- Start mit Atari-Logo (Dietrich Senftleben, 216 Seiten, 30 DM)
- Weltraum-BASIC-Abenteuer mit dem ZX81 für junge Computerfreunde (Eberhard Scholz, 120 Seiten, 18 DM)
- Grafik mit dem Home-Computer (Rüdeger Baumann, 328 Seiten, 38 DM)
- Das Atari-Spielebuch für 600 XL / 800 XL (James/Gee/Ewbank, 184 Seiten, 30 DM)
- Computerspiele und Knobeleien programmiert in BASIC (Rüdeger Baumann, 304 Seiten, 30 DM)
Gut aufgeräumt - bis zum letzten Heft
In der praktischen HC-Sammelbox aus Kunststoff konnten die gelesenen Hefte
gut geschützt verstaut werden. Die Box war im Preis für ein
Jahresabonnement enthalten. Das Jahresabo kostete 55 DM für 12 Hefte.
Die HC existierte von November 1983 bis zur Ausgabe Oktober 1986. Insgesamt also fast
genau drei Jahre. Nach der letzten Ausgabe im Oktober 1986 wurde die Zeitschrift eingestellt
und in die CHIP integriert.
Die HC-Sammelbox. (Bild: André Eymann)
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Mit einer Gesamtanzahl von 35 Heften ist die HC ein übersichtliches
und wertvolles Sammlerobjekt. Allerdings sind die Hefte heutzutage schwer zu finden.
Wer sich also für die goldene Ära der Heimcomputer interessiert und
in die Verlegenheit kommt Hefte der HC erwerben zu können, findet in
ihr ein fundiertes Nachschlagewerk für fast alle Geräte dieser
Zeit mit vielen spannenden Beiträgen.
Interview mit der Chefredaktion und Einblicke in den Vogel-Verlag
In unserem Interview mit Wolfgang Taschner
kannst Du weitere spannende Hintergründe zur HC erfahren.
Außerdem möchte ich auf die folgende interessante Seite von Hugo E. Martin hinweisen,
die uns auf eine Zeitreise in das damalige Verlagsgeschäft und die Anfänge der Computerzeitschriften in Deutschland mitnimmt.
Neben Fakten und Anekdoten gibt es viele Originalfotos zu bestaunen. Wer sich also für die Geburtsstunde der HC
und einen Rückblick auf unsere Verlagslandschaft der frühen Achtziger Jahre interessiert, sollte unbedingt einmal vorbeischauen.
Herr Martin war bis Ende 1983 beim Vogel-Verlag Verlagsleiter von CHIP, PC Magazin, HC und weiteren Computerzeitschriften.
Link:
Andre Eymann · 03.08.2008
1983,
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- Andre Eymann
Mich faszinieren Videospiele seit dem Anfang der 1980er Jahre. Damals begegnete ich dem Videospiel-Automaten Galaga in einer öffentlichen Gaststätte. Schnell erlag ich der Ausstrahlung der Maschine. Zu diesem Zeitpunkt war ich dreizehn Jahre alt. Im Sommer 2009 habe ich Videospielgeschichten.de gegründet. Mittlerweile schreibe ich regelmäßig Texte und veröffentliche -
gemeinsam mit vielen verschiedenen Autoren - Artikel über Computer- und Videospielen auf meiner Internetseite oder in Form von Gastbeiträgen für andere Projekte.
Zusätzlich gestalte ich das Erscheinungsbild der Seite und kümmere mich um die Organisation und Kommunikation von VSG.
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am 26.06.2016 um 08:17 Uhr
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am 26.06.2016 um 15:00 Uhr (neuester)
ein ganz herzliches Dankeschön Deinen Kommentar und das Teilen dieses von Dir bewahrten Schatzes! Wow! Das Archiv beherbergt unzählige Details aus der Heimcomputer-Ära und zur Frühzeit der Videospiele :)
Viele Grüße! André