Die Kunst der C64 Textadventures
29.11.2009 · Kommentieren
Oben: Text-/Grafikadventures für den C64 auf Kassette. Wie damals. Das ist Eway 10. (Bild: Eckhard Borkiet)
Eckhard Borkiet erzählt Geschichten aus einer Welt, die uns Menschen schon seit langer Zeit fasziniert.
Die Rede ist von der Welt der Abenteuer! Was verbinden wir heutzutage mit diesem Begriff?
Denken wir dabei an die großen Geschichten der klassischen Literatur, wie vielleicht
Odysseus oder die Ritter der Tafelrunde? Oder an die jüngste Verfilmung der Piraten
der Karibik?
In all diesen Geschichten erleben die Helden außergewöhnliche Ereignisse
und bestehen Situationen, die in einem normalen Leben nicht vorkommen. Sie werden zum
Abenteurer und erreichen die undenkbarsten Schätze, die man sich vorstellen kann.
Es ist leicht nachzuvollziehen, dass jeder gern einmal in die Rolle eines Abenteurers
schlüpfen möchte, um am Ende als Held dazustehen. Nun, das Genre der Adventurespiele
macht dies in unserer Zeit für jedermann möglich. Doch was genau, macht ein gutes Abenteuer aus?
In aktuellen Computerspielen werden Abenteuergeschichten meist prunkvoll inszeniert.
Grafisch nah am Realismus und seitens der Erzählkunst fast filmreif. Wenn man jedoch
hinter den Vorhang der optischen Präsentation schaut, dann entdeckt man, dass sich
die grundlegenden Prinzipien der Spielmechanik seit dem Beginn der Adventurespiele
nur unwesentlich verändert haben. Und vielleicht entdeckt man auch, dass Spielwitz und Qualität
auch ohne einen großen grafischen Aufwand möglich sind.
Screenshot des Spiels Die Höhle von Eway 10. Willkommen in der geheimnisvollen Welt von H.P. Lovecraft. (Bild: Eway 10)
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Steinzeit-Abenteuer
Da zu Beginn des industriellen Computerzeitalters gegen Ende der Sechziger-Jahre
so gut wie keine komplexen grafischen Darstellungen möglich waren, stellten sich
auch die ersten Adventurespiele recht einfach dar. Ihre Geburtswiege lag auch
nicht in der Präsentation, sondern im Bestreben, dem Computer humane Verhaltensweisen
nahe zu bringen. So versuchte man Programme zu erstellen, mit deren Hilfe der
Computer einer simplen logischen Gesprächmechanik folgen und Fragen beantworten
konnte. Diese Mechanik wird auch als Parsen (engl. to parse, "analysieren") beschrieben.
Als wissenschaftliches Abfallprodukt entstand so das frühe textbasierte Abenteuerspiel
Adventure - Collosal Cave von Will Crowther für den Computer PDP-10, das es
dem Spieler ermöglichte, in einer künstlichen Welt nach Schätzen zu suchen. Übrigens
basierte die virtuelle Realität von Collosal Cave auf den ganz konkreten heimischen Höhlen von Crowther
in Kentucky. Die etwas später erweiterte Version des Spiels durch Don Woods,
gilt als Inspirationsquelle der Firma Infocom, die etwas später durch komplexe Textadventures
Geschichte schrieb. In Folge der preislich immer günstigeren Grafikchips entwickelten
sich ab dem Anfang der Achtziger-Jahre die Grafikadventures. Bei dieser Erweiterung des reinen
Textadventures, wurden ergänzend zu den Texten wenige Grafiken auf dem Bildschirm mit ausgegeben.
Der Schwerpunkt der Spiellogik lag aber auch hier weiterhin auf der Möglichkeit,
Text mit dem Computer auszutauschen. Die Grafik wurde in der Regel als
unterstützende Illustration dargeboten.
Screenshot aus dem Eway 10-Spiel Der Seelenlose. Auf der Suche nach Jack im düsteren Amerika von 1880. (Bild: Eway 10)
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Da Adventure- oder Abenteuerspiele den Menschen in eine Fantasiewelt versetzen,
haben sich die Grundelemente bis heute nicht wesentlich geändert. So gibt es noch
immer Räume, Objekte, Eingaben und Ausgaben. Und natürlich eine gute Spielidee.
Dabei hat das Spiel die Aufgabe, dem Spieler zu erklären, was er in seiner Welt
sehen kann und wie das Spiel auf bestimmte Aktionen reagiert. Hier schließt sich
der Kreis zu den beschriebenen Abenteuern, wie wir sie aus Büchern kennen.
Das Adventure auf dem Computer allerdings erweitert sie, um die Möglichkeiten
der Interaktion. Der Spieler selbst wird also zum Handelnden des Abenteuers und
direkt in die Geschichte einbezogen.
BASIC hilft auf die Sprünge
Mit dem Heimcomputer C64, der 1982 auf dem Markt erschien, wurde auch die Programmiersprache
BASIC weltweit immer populärer. BASIC ist stark an die englische Sprache angelehnt
und leicht zu erlernen. So ermöglichte diese Sprache fortan vielen Firmen und
Hobbyprogrammierern, ihre eigenen Grafik/Textadventures zu schreiben. Auch wurden
damals in den vielen Heimcomputerzeitschriften so genannte Listings (Programmtexte)
abgedruckt, die man Zuhause in den eigenen Computer eingeben konnte. So kamen
Adventures wie Das Spukhaus, Goldrausch oder gar Plagiate von Infocoms Zork
auf die heimischen Röhren-Fernseher. Die großen Abenteuer kamen in die deutschen Haushalte
und der Fantasie waren keine Grenzen gesetzt.
In BASIC sehen die Räume eines Adventures zum Beispiel so aus:
210 RAUM$(1) = "im Verbindungsgang."
250 RAUM$(4) = "in der Steuerzentrale."
260 RAUM$(5) = "in der Steuerzentrale neben dem Hauptcomputer."
Die Abfrage einer Benutzereingabe, stellt sich wie folgt dar:
2500 INPUT "Was nun?"; EINGABE
Durch diese leicht lesbaren Anweisungen und der Möglichkeit vorhandene Programmtexte
selbständig zu erweitern, war es praktisch jedem Computerbenutzer möglich, ein eigenes
Adventurespiel zu entwickeln oder vorhandene zu ändern. Die erstellten Abenteuerprogramme
konnte man dann über Kassetten mit seinen Freunden austauschen.
Screenshot aus dem Eway 10-Titel Astrolab. Ein Forschungsauftrag am Rande des Sonnensystems. (Bild: Eway 10)
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Bereits Mitte der Achtziger-Jahre entwickelt auf diese Weise auch Eckhard Borkiet
Grafik/Textadventures für den C64. Vorbild waren aber weniger rein textbasierte Adventures
wie das erwähnte Zork von Infocom, sondern eher zugänglichere Abenteuerspiele
wir Aztec Tomb von Antony Crowther für Alligata Software (1983), The Dallas Quest von James Garon für Datasoft (1984) oder
Mask Of The Sun von Ultra Soft (1982). Alle genannten Titel warten mit fantasiereichen
Geschichten und schönen Grafiken auf. Auch spielt der Humor hier eine große Rolle.
So kann man zum Beispiel bei The Dallas Quest eine gefährliche Anakonda mit dem Textkommando
„tickle anaconda under chin“ besänftigen, um im Spiel einen Schritt weiter zu kommen.
Gerade die Spiele Aztec Tomb und Gordon Saga von Michael Nickles
für den Markt & Technik Verlag (1985), die beide als komerzielle BASIC-Spiele
mit Grafiken des normalen C64 Zeichensatzes bekannt sind, haben Eckhard Borkiet damals wie heute inspiriert.
Screenshot-Serie aus dem Titel Die Höhle, dem ersten Grafik-Text Adventure von Eway 10. (Bild: Eway 10)
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Eway 10 lehnt sich an diese Klassiker an und bietet seit 2005 neue BASIC Grafik/Textadventures
im typischen Stil für den Commodore 64 auf Kassette an, die teilweise auf alten
Eway 10 Projekten (Die Höhle, Der Seelenlose und Astrolab) aus den Achtzigern, basieren.
Dabei legt der Entwickler ein ganz besonderes Augenmerk auf den authentischen Charme des frühen Grafikadventures.
Die Kommunikation mit dem Spieler erfolgt über einen selbst programmierten Textparser
und die Grafiken werden, wie bei den Vorlagen, in der oberen Bildschirmhälfte gezeichnet.
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